9. PRIINT:DAY 2018: „Marketing meets Technology”

9. PRIINT:DAY am 3./4. Mai 2018
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Das Leitthema des 9. priint:day von Werk II / priint group – „Marketing meets Technology“ – begleitete Kunden, Interessenten und Partner am 3. und 4. Mai 2018 auf dem Schloss Montabaur mit einem abwechslungsreichen Programm. Die renommierte Konferenz zu Multichannel-Publishing wurde von rund 300 Teilnehmern aus Industrie und Handel besucht.

Melaschuk-Medien hat einige Vorträge besucht, die im Folgenden zusammengefasst werden.

„No more copy paste“

9. PRIINT:DAY Horst Huber
Horst Huber, Geschäftsführer von WERK II © WERK II Medien- und Informationsges. mbH

Geschäftsführer von WERK II, Horst Huber, beleuchtete seine Sicht auf das Marketing im Kontext der Digitalisierung.

Die technologische Entwicklung reicht vom Web 1.0 bis zum Web 3.0 – über neue Vertriebskanäle, der Etablierung von Plattformen, der Macht der Konsumenten (Stichwort: Transparenz und Bewertung) bis zur heutigen Smartphone-Ära („Appisierung“).

Derzeit spielt sich laut Huber ein „Krieg der Plattformen“ ab, wie etwa zwischen Amazon, Google, Facebook, airbnb oder booking.com, bei dem es um die vollständige Kontrolle über Lebens- und Wirtschaftsbereiche geht. Die erfolgreichen Plattformen, die sich am Markt durchgesetzt haben, zeichnen sich durch Kontinuität und eine einfache Funktionaliät aus.

Anhand der „klassischen“ Marketinginstrumente, den 7 „P“, sei es mittlerweile schwierig, sich im Wettbewerb abzuheben: Product (Produkt), Price (Preis), Promotion (Kommunikation), Placement (Distribution), People (Personal) Process (Abläufe), Physical evidence (Ausstattung).

Statt dessen solle man versuchen, in einer Nische eine Plattform aufzubauen und dazu Teile aus einer bestehenden Angebotspalette herauslösen (und diese nachher eventuell wieder re-integrieren). Wichtig sei außerdem, Simplifizierung betreiben, also Kompliziertes zu vereinfachen, um eine positive „Customer experience“ (deutsch: Kundenerfahrung) sicherzustellen.

Um diese Ziele zu erreichen, muss sich das Marketing zwangsläufig auch mit Technik und Prozessen auseinandersetzen. Dazu zählen einerseits die Sicherung der Qualität von Produktdaten sowie die Automatisierung. In diesem Sinne lautete auch das Motto der priint:days:

#No more copy paste

Weiterentwicklung der priint:suite

9. PRIINT:DAY Kai Puffer
Kai Puffer, IT-Projektmanager bei WERK II © WERK II Medien- und Informationsges. mbH

Kai Puffer von WERK II gab zunächst einen aktuellen Überblick zur priint:suite.

Die Komponenten im Überblick:

  • publishing-hub: Middleware zur Live-Anbindung verschiedener Datenquellen mittels Konnektoren zur Ausgabe in nachgelagerte Kanäle.
  • publishing management: Mit den Modulen Whiteboard und Planner können InDesign-Dokumente generiert, bearbeitet oder kommentiert werden. Der Einsatz des InDesign-Servers ist optional.
  • channel output: Mehrere Rendering-Engines ermöglichen die Ausgabe verschiedener Datenformate, wie PDF und HTML(5). Mit InDesign-Plug-ins können die Dokumenterstellung sowie Formatadaptionen auf dem Desktop oder serverbasiert realisiert werden.

Neue Features

Zu den Neuheiten der Versionen 4.1/4.1.5 der priint:suite gehören u.a. folgende:

  • Zusätzlich zum Content aus den verschiedenen Datenquellen können temporäre Inhalte sowie Metadaten gepflegt werden.
  • Im Modul Planner können Anwender mittels eines Wizzards Tabellen konfigurieren: Attribute werden vorausgewählt und als Set definiert, Daten und Tabellen in einer Vorschau angezeigt. Die Schrift­formatierung kann verändert werden und das Sortieren der Daten ist möglich.
  • Die Editierfunktionen werden erweitert, insbesondere im Bereich der Massen-Editierung von Daten.
  • Weitere Neuerungen sind ein Briefing-Modul, die direkte Platzierung von Produkten auf einer Seite sowie ein Illustrator Plug-in.

Effizienter Umgang mit komplexen Daten bei WAGO

9. PRIINT:DAY Artur Wozniak von WAGO
Artur Wozniak, Corporate Marketing bei WAGO Kontakttechnik © WERK II Medien- und Informationsges. mbH

Artur Wozniak erklärte, wie man bei WAGO, einem Hersteller von Regelungs- und Steuertechnik, eine Vielzahl an Katalogen auf Basis sogenannter „Facetten“ vollautomatisch ausgeben kann.

Der Hauptkatalog von WAGO erscheint alle zwei Jahre und umfasst über 30.000 Produkte auf 3.500 Seiten. Hinzu kommen eine Reihe von Zielgruppen- und Kurzkatalogen, allesamt mehrsprachig.

Mittels der „Facetten-Methode“ werden die Daten für einen bestimmten Ausgabekanal mit Filterparametern und Gruppierungsfunktionen vorselektiert. Damit wird vermieden, dass komplexe Regeln zur Selektion von Daten aus einem Gesamtbestand angewendet werden müssen. An einem Beispiel demonstrierte der Redner die Funktionsweise. Mit einem Filter (z.B. „mcs midi classic“), 20 Gruppierungen (z.B. „Rastermaß“, „Anschlusstyp“) und 6 Publikationsdefinitionen (Vorlagen) können 400 Seiten eines Kapitels für Print und Online automatisch produziert werden. Innerhalb einer Preisliste kann über einen Link, der z.B. der Bestellnummer zugeordnet ist, die Weiterleitung in den Webshop erfolgen.

Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung sei eine sehr gute Datenqualität. Die Daten werden in der Datenbank medienneutral verwaltet, indem sämtliche Inhalte an die digitalen Ausgabekanäle angepasst sind. Eine Ausnahme sind Bilddaten, die für die Printausgabe formatspezifisch gespeichert werden. Die in früherer Zeit teilweise „printspezifischen“ Daten würden der Vergangenheit angehören.

Print als Teil des Multichannel-Marketing

9. PRIINT:DAY Vortrag Marco Kersch von AZ Direct
Aus: Vortrag von Marco Kersch, AZ Direct © AZ Direct

Marco Kersch von AZ Direct, dem Spezialisten für datengesteuertes Multichannel-Marketing innerhalb des Digital Marketing-Bereichs der Bertelsmann Printing Group, beantwortete in seinem Vortrag die Frage „Welche Rolle spielt Print in der Customer Journey?“.

Innerhalb einer „Customer Journey“ (deutsch: „Reise des Kunden“) wird nachvollzogen, mit welchen Medienkanälen an welchen Kontaktpunkten (z.B. beim Kauf) Kunden oder Interessenten in Berührung kommen. Für Online-Kanäle kann dies recht gut über sogenannte Trackingmethoden, wie z.B. die Erfassung von Cookies, dokumentiert werden. Problematisch wird es, wenn die Nutzung von Printprodukten einbezogen werden soll. Mit dem Tool exactag, einer Plattform zur medienübergreifenden Abbildung und Bewertung von Marketing-Aktivitäten, können auch Offline-Kanäle wie Print integriert werden. Diese Lösung wird von AZ Direct eingesetzt.

In Praxisbeispielen zeigte der Redner auf, wie Multichannel-Marketing unter Einbeziehung von Print funktionieren kann. So wurde im Rahmen einer Kampagne zur Neukundengewinnung in einem ersten Schritt per Online-Anzeigen im Internet Aufmerksamkeit für die Marke gewonnen, im zweiten Schritt E-Mail-Newsletter zur Ankündigung eines Printmailings versendet. Dem Versand des Printmailings folgte als Abschlussverstärker ein E-Mail-Newsletter mit integrierten Rabattcodes (siehe Abbildung).

Marketingkampagnen auf Basis von internen Kundendatenbanken können mit AZ Direct-Daten auch kombiniert werden. So lässt sich analysieren, ob es sich um Neu- oder Bestandskunden handelt und welche Ansprache am geeignetsten ist. Online- und Offline-Kanäle können somit für wirkungsvolle Kampagnen verbunden werden.

Zielgruppengerechte Angebotserstellung bei Hansgrohe

9. PRIINT:DAY Timo Zimmermann
Timo Zimmermann, Digital System Architect bei Hansgrohe © WERK II Medien- und Informationsges. mbH

Das Marketing beim Sanitärtechnik-Hersteller Hansgrohe erhielt die Anforderung, zielgruppengerechte und ansprechend gestaltete Angebote zu erstellen. Wie dies gelöst wurde, darüber berichtete Timo Zimmermann, Digital System Architect bei Hansgrohe.

Die Zielgruppen für die Angebote sind sehr unterschiedlich; darunter Kunden, Investoren, Architekten oder Installateure. Die Angebotsinhalte sollten den Zielgruppen entsprechend gestalterisch anspruchsvoll dargestellt werden, ein individuelles Bild auf der Titelseite sowie das Kundenlogo enthalten.

Der technische Ablauf mit den beteiligten Komponenten im Überblick:

  • SAP cloud 4 customer (c4c): Aufruf eines Formulars zur Eingabe individueller Parameter, die der Layoutsteuerung dienen (im Hintergrund).
  • celum Media-Asset-Management-System: Übergabe vordefinierter Bildobjekte an das Formular in c4c.
  • priint:suite von WERK II: Transfer der Formulardaten per XML an die priint:suite und Import der Produktdaten aus dem Produktinformations-Management (PIM)-System SAP Hybris.
  • PIM-System SAP Hybris: Transfer der Produktdaten an die priint:suite.

Zu den Problemen bei der Umsetzung gehörten die Umsetzung eines automatisierten Layouts, weil die Layoutstrukturen aufgrund der verschiedenen Zielgruppen sehr verschieden waren. Die vielfältigen Anforderungen der Fachabteilungen und die Realisierung der Schnittstellen gehörten ebenfalls zu den anspruchsvollen Aufgaben.

Etikettenerstellung bei Hipp optimiert

9. PRIINT:DAY Cornelia Brinck und Joachim Schopf
Links: Cornelia Brinck, Teamleiterin IT-Anwendungsentwicklung bei Hipp, rechts: Joachim Schopf, Projektmanager bei SDZeCOM © WERK II Medien- und Informationsges. mbH

Cornelia Brinck, Teamleiterin der IT-Anwendungsentwicklung bei Hipp, Hersteller von Baby- und Lifestyle-Nahrung, und Joachim Schopf, Projektmanager bei dem Systemintegrator SDZeCOM, berichteten über die Herausforderung, die Produktion von 3.500 Etiketten in 50 Ländervarianten mit 25.000 Änderungen pro Jahr zu meistern.

Die konventionelle Arbeitsweise hatte einige Nachteile:

  • Umständliche Copy-and-Paste-Abläufe
  • Daten waren nicht für alle Kanäle verfügbar
  • Daten (z.B. Nährwerte, Zutaten) waren nicht exportier- und  auswertbar (z.B. für die Online-Suche)
  • Viele Korrekturschleifen
  • Hohe Durchlaufzeiten und Kosten

Die Lösung bestand in der Einrichtung eines Produktinformations-Management (PIM)-Systems von Contentserv, der Übersetzung im PIM-System, der Etikett-Generierung mit priint:comet von WERK II und dem Einsatz des InDesign Online-Editors von Contentserv für kleinere Anpassungen.

Die Umsetzung durch den Systemintegrator SDZeCOM erfolgte dynamisch mit einer raschen Umsetzung in die Praxis. Dafür wurden ein Workshop durchgeführt und eine Kurzspezifikation erstellt, ein Proof-of-Concept aufgesetzt, die Funktionalitäten schrittweise ausgebaut und dann das Going-Live realisiert. Die laufende Bearbeitung und Priorisierung der Anforderungen erfolgte über ein zentrales Projekt-Ticketsysstem.

In Planung sind die automatisierte Übernahme von Zutaten-Daten aus SAP, der Roll-out in alle Länder und die Übermittlung der Druck-PDFs an verschiedene Druckdienstleister.

Mit Design Thinking das eigene Silo erkennen

9. PRIINT:DAY Vortrag Haeme Ulrich
Haeme Ulrich, Publishingberater © WERK II Medien- und Informationsges. mbH

Der Schweizer Publishing-Berater Haeme Ulrich plädierte dafür, Windmühlen statt Mauern zu bauen, wenn der Wind der Veränderung weht. Nach seiner Ansicht sollte der Wandel vom Desktop-Publishing zum Cloud-Publishing unbedingt endlich vollzogen werden und Informationen müssten zur richtigen Zeit an den richtigen Empfänger gelangen.

Wie dies technologisch umgesetzt werden kann, machte Haeme Ulrich an Beispielen deutlich:

  • Mit einem Plug-in für Wordpress können Daten im JSON-Format per REST-Schnittstelle an InDesign transferiert werden. In Design werden die Wordpress-Artikel ebenfalls per Plug-in importiert und automatisch formatiert.
  • XML-Daten können per Print-CSS-Technologie in EPUB oder PDF exportiert werden.
  • „Progressive Web-Apps“ sind Apps, die wie Websites aufgebaut sind und JavaScript-Erweiterungen (sogenannte „Service Worker“) enthalten. Diese Apps sind offline lauffähig und können bei Online-Verbindung aktualisiert werden.

Mit der Methode „Design Thinking“ können Unternehmen neue Strategien entwickeln und die nötige Außensicht entwickeln. Dabei folgt man dem Ablauf, ein Problem zunächst zu verstehen (Zuhören, Problem definieren) und dann das Problem zu lösen (Ideen finden mit Anderen, Prototypen entwickeln, Testen, Umsetzen)

Haeme Ulrichs Kernbotschaften lauteten:

  • Cloud Publishing ersetzt Desktop Publishing.
  • Innovation und Disruption realisieren.
  • Das eigene Silo ist Innovationskiller Nr. 1.

Digitale Transformation im internationalen Konzern 3M

Einblicke in die digitale Transformation eines Großkonzerns gab Markus Köster von 3M.

3M hat 90.000 Mitarbeiter, Standorte in über 70 Ländern und 55.000 verschiedene Produkte, wobei ein Drittel der Produkte nicht länger als 5 Jahre am Markt ist. Es gibt 58 Forschungszentren weltweit.

Das Produktspektrum erstreckt sich über Industrial (z.B. Klebemittel), Electronics und Energie, Safety (z.B. Atemschutz) und Graphics (z.B. Sicherheitskleidung, Folien), Health care (z.B. Stethoskop), Dentaltechnik und Consumer (z.B. Post-it, Büro- und Haushaltsoptimierung).

Strategisch seien folgende Aspekte wichtig:

  • Die Website hat eine große Bedeutung (16 Mio. Besucher im Monat in Europa), ebenso die Präsenz bei Partner-Websites.
  • Ausbau des E-Commerce-Geschäfts.
  • User Experience ist für alle Arten der Kommunikation wichtig.
  • Harmonisierung und Vereinheitlichung der Customer Journey.
  • Kommunikation verlagert sich hin zu Chats, Telefon oder E-Mail-Kontakte werden weniger.
  • Ausbau der mobilen Kommunikation.

Um die zunehmende Komplexität in Marketing und Kommunikation zu beherrschen, sei der 360-Grad-Blick auf den Kunden mit allen Kommunikationskanälen von Bedeutung. Key-Performance-Indicators (KPIs) müssen festgelegt, gemessen und kontrolliert werden, Verbesserungen sind umzusetzen. Neue Geschäftsmodelle werden entwickelt, immer wieder Neues ausprobiert und in agilen Teams gearbeitet.

Bevorzugt eingesetzt werden globale Systeme (keine lokalen Systeme), sowie Cloud-Publishing genutzt. In diesem Zusammenhang spielt das SAP ERP-System eine wichtige Rolle für die globale Transparenz.

Agile Systemauswahl – Schneller, billiger schlechter?

9. PRIINT:DAY Vortrag von Ira Melaschuk zu agiler Systemauswahl
© Melaschuk-Medien

Innerhalb des Programmpunktes „Speaker‘s Corner“ traten 14 Experten mit Redebeiträgen zu provokanten Thesen auf, die nur mittels Flipchart unterstützt werden durften.

Melaschuk-Medien war mit einem Redebeitrag zu agiler Systemauswahl vertreten, der auf reges Interesse stieß. Anhand eines Vergleichs von klassischer und agiler Methoden bei der Systemauswahl konnte aufgezeigt werden, dass agiles Vorgehen zwar schneller und damit auch kostengünstiger ist, aber auch mangelnde vorausschauende Transparenz in Bezug auf Kosten und Aufwände für die Projektplanung mit sich bringen kann.

Redaktion: Ira Melaschuk
Datum: 15.05.2018